In der Türkei kämpft man an allen Fronten gegen einen weiteren Verfall der türkischen Lira: Mit Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium auf Importe aus der Türkei hat US-Präsident Trump die türkische Währung weiter auf Talfahrt geschickt.
Gegenmaßnahmen der türkischen Zentralbank beinhalten auch Gold
Die türkische Zentralbank hat gestern dann Gegenmaßnahmen angekündigt, die auch Gold betreffen. In Ankara gab die Notenbank bekannt, dass man 10 Milliarden türkische Lira, 6 Milliarden US-Dollar und 3 Milliarden Dollar in Gold zur Verfügung gestellt habe, um die türkische Währung zu stützen.
Zu wenig sagen Experten
Experten halten dieses Paket für zuwenig. Selbst wenn die Türkei die 6 Milliarden US-Dollar in einem Aufwasch auf den Markt werfen würde, würde der Kurs der Lira allenfalls kurzfristig marginal steigen, um dann weiter zu fallen.
Was ist mit türkischen Goldverkäufen?
Angegeben hat die Zentralbank, dass man Gold für 3 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stelle, um z.B. Lira zu kaufen. Doch hat die türkische Notenbank überhaupt so viel Gold und was würde das bewirken?
3 Milliarden Dollar = 78 Tonnen Gold
Ausgehend von einem aktuellen Goldkurs von 1196 $/oz wären 3 Milliarden US-Dollar ca. 78 Tonnen Gold, 78.000 Kilo oder 2,5 Millionen Goldunzen.
Frage 1: Hat die Türkei überhaupt so viel Gold?
Ja, zumindestens, wenn man den Eigenangaben der Vergangenheit Glauben schenken darf. Zuletzt gab die Türkei an, 231 Tonnen Gold zu besitzen. In den letzten 2 Jahren will man massiv Gold gekauft haben. Stimmen diese Angaben, könnte die Türkei davon 78 Tonnen (rund ein Drittel) verkaufen.
Frage 2: Wie oft könnte die Türkei eine solche Menge Gold verkaufen?
Knapp dreimal, dann wäre alles Gold im Staatsbesitz der Türkei verkauft. Die Marktteilnehmer kennen diese Zahlen und wissen das. Insoweit dürfte ein Goldverkauf allenfalls einen kurzfristigen Effekt haben
Frage 3: Beginnt die Türkei bereits mit Goldverkäufen?
Die türkische Zentralbank wird klug genug sein, solche Goldverkäufe so zu platzieren, dass dies kein Aufsehen erregt, aber große Verkaufsvolumen sind geeignet, kurzfristige Bewegungen am Goldmarkt auszulösen. Da die letzten 24h der Goldpreis in Euro von über 1060 auf ein Niveau von 1045-1048 gefallen ist, kann es durchaus sein, dass bereits eine große Menge Gold verkauft worden ist. Allerdings tritt der Goldpreis-Drück-Effekt nur solange ein, wie große Verkaufsorders im Markt liegen. Sobald die Menge abverkauft ist, zieht der Goldpreis dann in der Regel wieder an. Die ‚Munition‘ kann die Zentralbank also nur einmal verschießen. Nach zweimal ‚Nachladen‘ ist dann Schluss.
Frage 4: Soll man jetzt Gold kaufen?
Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Die grundsätzliche globale Lage hat sich nicht geändert. Es gibt nach wie vor eine hohe Verschuldung der Staaten, Probleme in Europa und im Euroraum, einen US-Präsidenten, der Handelszölle für ein geeignetes Mittel der Politik hält und zahlreiche Krisenherde in der Welt. Garniert mit einer Nullzinspolitik in Europa und Banken, die hohe Risiken in den Bilanzen tragen. Nunmehr kommt nur noch ein weiterer Unsicherheitsherd hinzu.
Wer statt Nullzinsen von der Bank lieber auf Gold setzt und darauf vertraut, dass Gold dabei hilft, Vermögenswerte in die Zukunft zu transferieren und damit auch durch schwierige Zeiten zu kommen, kann dies natürlich bei gesunkenen Preisen desto günstiger tun. Der langfristig orientierte Anleger wird ohnehin regelmäßig Gold kaufen, – unabhängig davon, wo gerade welche Krise neu ausbricht. Langfristig orientierte Anleger waren mit Gold die letzten 5000 Jahre auf der sicheren Seite.
Türkische Lire auf die Hälfte gefallen
Während man im September letzten Jahres nur 3,38 türkische Lira für einen US-Dollar aufbringen musste, bewegt sich der Kurs heute zwischen 6,42 und 6,96 Lira pro Dollar. Türken haben also die Hälfte des Außenwerts ihrer Währung seit September verloren. Wer rechtzeitig Dollars oder Gold gekauft hat, blieb von dieser Entwicklung verschont. Allerdings hat er dann exakt das Gegenteil von dem gemacht, was Präsident Erdogan gefordert hatte: Geht es nach ihm, sollten die Türken Dollar und Gold verkaufen und dafür die türkische Währung Lira kaufen.
Gratis-Tee für Gold-Verkäufer
Einige Gold- und Dollar-Ankäufer werben aktuell mit ‚Gratis-Tee‘ und ‚Gratis-Haarschnitten‘ in Ankara und Istanbul um Kunden, die ihnen Dollar und Gold verkaufen sollen. In der Türkei, wo ein kostenloser Tee ohnehin häufig zur gelebten Gastfreundschaft gehört, sicher kein Angebot, was Menschen, die ihr Vermögen vor Wertverlust schützen wollen, auf die andere Seite der Straße bringt.
Hat die Türkei nicht viel mehr Gold?
Bei der Zentralbank lagern noch mehr als 300 weitere Tonnen Gold, dabei handelt es sich aber um Gold, welches Geschäftsbanken dort als eine Art Sicherheit hinterlegt haben, im Rahmen der sogenannten Reserve Option Mechanicsm – Geschäfte. Dieses Gold kann die Zentralbank zwar theoretisch auch verkaufen, hat dann aber ein Problem gegenüber den Geschäftsbanken, die das Gold lediglich als Sicherheit hinterlegt haben. Zuletzt (Juli 2018) waren 364 weitere Tonnen Gold im Rahmen dieser Hinterlegung bei der Zentralbank.